Beibehaltung der Abstandsregelungen für WEA-sensible Vogelarten

ORNITHOLOGISCHER BEOBACHTERRING SAAR e.V.: Offener Brief an den Minister für Umwelt und Verbraucherschutz vom 25.02.2021

Sehr geehrter Herr Minister Jost,

der Ornithologische Beobachterring Saar e.V. ist eine landesweit tätige Arbeitsgemeinschaft auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Vogelkunde. Er vertritt im Saarland den Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA), in dem die entsprechenden Fachgremien aller Bundesländer organisiert sind.

Die Ergebnisse unserer Untersuchungen dokumentieren die Bestandsentwicklung der einheimischen Vogelfauna und liefern damit eine wichtige Grundlage zur Ableitung von naturschutzfachlichen Aufgaben und Instrumenten, etwa zur Erstellung von Roten Listen oder der Erfüllung von Berichtspflichten im Rahmen internationaler Naturschutzübereinkommen. Allein mit dem Beobachtungsportal ornitho.de sind aus dem Saarland inzwischen weit über eine Millionen Datensätze zur einheimischen Vogelfauna erfasst.

Im bundesweiten Vergleich zeichnet sich das Saarland als eine Region mit einer besonderen Artenvielfalt aus. Trotz hoher Einwohnerdichte und industrieller Prägung konnten hier eine Reihe von Vogelarten ihre rückläufigen Brutbestände stabilisieren, vereinzelt sich sogar neue Arten etablieren. Im Zuge aktueller wirtschaftlich-gesellschaftlicher Veränderungen, wie etwa dem verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien, ist es bislang weitestgehend gelungen, nachteilige Entwicklungen durch die konsequente Berücksichtigung fachlicher Grundlagen zu vermeiden.

Vor diesem Hintergrund richtet der Ornithologische Beobachterring Saar den Appell an Sie, sich im Rahmen der Umweltministerkonferenz weiterhin für die Beibehaltung und konsequente Anwendung der auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Abstandsregeln zur Errichtung von Windkraftanlagen einzusetzen. Dies gilt insbesondere für die nachweislich WEA-sensiblen Großvogelarten Rotmilan, Schwarzstorch und Wespenbussard.

Innerhalb des Saarlandes stellt der Bliesgau ein herausragendes Gebiet mit einer überdurchschnittlichen Vogelartenvielfalt dar. Eine Reihe von WEA-sensiblen Brutvogelarten wie Schwarz- und Weißstorch, Wespenbussard oder Uhu haben sich in diesem Naturraum etabliert. Für den Rotmilan ist hier sogar seit vielen Jahren ein überregional bedeutsames Dichtezentrum belegt. Bislang sind die Niststandorte des Rotmilans im Saarland nur unzureichend durch EU-Vogelschutzgebiete gesichert. Aufgrund der Größe und der bisher nur geringen Zerschneidungseffekte empfehlen wir nachdrücklich, das Gebiet - als einziges seiner Art im Saarland - in seiner Gesamtheit von WEA-Planungen freizuhalten und den Bliesgau stattdessen als "WEA-freies Referenzgebiet" für die wissenschaftliche Begleitforschung zu sichern.
Wir danken Ihnen für die Unterstützung und stehen für einen fachlichen Austausch gerne zur Verfügung!

Mit freundlichen Grüßen
Im Namen des Vorstandes

Günter Süßmilch
- 1. Vorsitzender -